Restauration einer Taschenuhr mit Duplexhemmung
An dieser Stelle möchte ich Ihnen die Restauration einer Taschenuhr mit einer sogenannten Duplexhemmung vorstellen. Diese Hemmung wurde um 1750 von Pierre le Roy, einem französischen Uhrmacher entwickelt. Hemmung nennt man übrigens den Teil der mechanischen Uhr der dafür zuständig ist, dass sich die Räder gleichmäßig und kontinuierlich drehen und somit eine Zeitanzeige ermöglichen. Heute sind vor allem Uhren mit Schweizer Ankergang üblich, aber in den vergangenen Jahrhunderten gab es viele verschiedene hochinteressante Hemmungen.
Die Duplexhemmung wurde vor allem in den oft kunstvoll gravierten englischen Taschenuhren, die für den chinesischen Markt gebaut wurden, verwendet. Besonders erwähnenswert ist auch, dass der Sekundenzeiger bei der Duplexhemmung im Sekundentakt springt – dazu aber später mehr.
So haben wir die Uhr in die Werkstätte bekommen…
…die Uhr ist stark verschmutzt und verharzt, Lagersteine sind gebrochen und der Finger für die Stellung fehlt. In dem von mir rot eingekreisten Bereich sehen Sie die Stellung – ohne Finger.
…und so muss der fehlende Finger aussehen, der natürlich angefertigt werden muss.
Zur Erklärung zuerst etwas Theorie 😉
Da es in den Anfängen der Uhrmacherei die Zugfedern der Uhren noch nicht in der heutigen Qualität produziert werden konnten, hatten die Uhrmacher das Problem, dass wenn die Zugfeder ganz aufgezogen war, dann hatten sie eine enorme Kraft bzw Drehmoment. Beim Entspannen der Feder verlor die Zugfeder dagegen sehr schnell an Kraft. Diese ungünstige Drehmomentenwicklung wirkte sich leider auch auf die Ganggenauigkeit der Uhr aus. Deswegen haben findige Uhrmacher eine sogenannte Stellung entwickelt. Bei der Stellung wird nur ein gewisser Teil der vorhandenen Zugfeder genutzt und die Uhr konnte aufgrund dieser Konstruktion weder ganz aufgezogen werden, noch konnte dich die Zugfeder komplett entspannen. So wurde nur der halbwegs lineare Bereich der Energie der Zugfeder genutzt und die Uhr lief sehr viel genauer als ohne Stellung.
So jetzt geht es ans Werk…
…zuerst wird der Stellungsfinger aus einem Stück Stahlblech gefeilt…
…blau angelassen. Das Anlassen sieht nicht nur schön aus, sondern es dient auch dazu den Teil weicher zu machen, damit er nicht bricht.
…bei der Uhr gabs aber noch ein weiteres Problem. Die Halterung für die Zugfeder war ausgerissen und musste angefertigt werden (Loch)…
…das fertig reparierte Federhaus mit der neuen Zugfeder…
…und dem neuen Stellungsfinger.
Das nächste Problem war ein gebrochener Lagerstein…
…der Lagerstein ist gebrochen und kann so nicht mehr verwendet werden…
…zum Glück haben wir tausende Lagersteine am Lager un der Stein mit den richtigen Dimensionen war schnell gefunden 🙂 ….
…der Lagerstein wird mit der Steineinpressgarnitur eingepresst…
…und so sieht der neue Lagerstein aus.
Das fertig montierte Uhrwerk inkl Duplexrad und Kloben mit dem neuen Lagerstein…
Das fertig restaurierte, gereinigte und montierte Uhrwerk.
…das restaurierte Silbergehäuse…
…ist wieder in einem ausgezeichneten Zustand…
…und das Werk ist eine wahre Augenweide.
Wie schon oben erwähnt springt der Sekundenzeiger beim der Duplexhemmung im Sekundentakt und diesen tollen Anblick will ich Ihnen natürlich nicht vorenthalten.
An dieser Stelle wieder einmal vielen Dank an den Besitzer dieser außergewöhnlichen Taschenuhr und das er mir erlaubt hat die Uhr dementsprechend zu restaurieren bzw die Möglichkeit gegeben hat Ihnen diese Uhr hier vorzustellen.
Sollten Sie Fragen oder Kommentare haben, dann würde ich mich sehr freuen.
Ihr
Uhrmachermeister
Hans Mikl
4 Comments
Torsten
Eine wirklich gelungene Dokumentation einer Restauration. Anhand der Bilder kann man die Arbeitsschritte sehr schön nachvollziehen.
Was mich interessieren würde, wäre der Zeitaufwand für diese Arbeit.
Grüße, Torsten
Hans Mikl
Guten Tag!
Vielen Dank für Ihr Interesse. Ich mache meine Arbeit sehr gerne und deswegen fällt es mir auch leicht alles schön zu dokumentieren. Aktuell habe ich noch ca. 200 Berichte in der Warteschleife 😉
Zu Ihrer Frage – diese Restauration hat insgesamt ca. 5 Stunden in Anspruch genommen.
Beste Grüße
Hans Mikl
Steven Josker
Very fine work on that beautiful movement.. I would like to see a close up of balance and escape wheels.. The motion of the seconds hand is most interesting. I am trying to understand the mechanics..
Hans Mikl
I’m so sorry – I’ve no more pictures from this nice watch and the escapement.
Greetings
Hans Mikl