WB #20 – Restauration eines Hanhart Fliegerchrono aus den 1940er Jahren

Heute möchte ich Ihnen eine recht aufwändige Restauration eines Hanhart Kaliber 40 aus den 1940er vorstellen.

In der Vergangenheit war es oft schwer den Besitzer einer solchen Uhr davon zu überzeugen, dass so eine Uhr schonend restauriert werden sollte….

Das Uhrwerk und die Optik des Uhrwerkes sollte soweit wie möglich perfekt sein und da ist es für mich sehr wichtig, dass Schrauben poliert und Hebel geschliffen werden – das Werk sollte eben so aussehen, als ob es wirklich regelmäßig von einem richtig guten Uhrmacher serviciert bzw gepflegt worden wäre….

…und wir leider wissen ist das aber leider sehr selten der Fall und die einzelnen Teile sehen oft schrecklich aus. Warum Schrauben so verdrückt sind und Teile so zerkratzt sind kann ich nicht nachvollziehen – meiner Meinung nach ist es mangelnde Sorgfalt und wenig Respekt der Uhrmacher vor solchen Wunderwerken der Technik.
Äußerlich sollten solche Militäruhren technisch in Ordnung sein, aber optisch sollte die Uhr eben dem Alter entsprechend aussehen – also in diesem Fall wie eine 70 Jahre alte und wirklich getragene Fliegeruhr. Bei zivilen und klassischen Uhren sehe ich das wieder etwas anders, aber dazu werde ich mich bei passender Gelegenheit äußern 😉

So weit so gut – diese Uhr hat leider noch ein weiteres „Problem“, den es fehlt die komplette Drehlünette die irgendwann mal verloren gegangen sein dürfte. Ohne Drehlünette sieht de Uhr natürlich nicht gut aus und der Wert der Uhr reduziert sich natürlich auch gewaltig.
Aber der Besitzer dieser Uhr ist ja zu uns gekommen und ich habe bis jetzt immer eine Lösung gefunden.

Ursprünglich wollte ich die Lünette in CAD zeichnen und dann auf der CNC-Fräse fräsen, aber diese spezielle Form der Lünette hat sich bald als richtige Hürde herauskristallisiert. Als ich dann durch Zufall bei einem Kollegen eine fertige Lünette kaufen konnte, war mein Problem vorerst mal gelöst…

…sie sehen aber wahrscheinlich auf den ersten Blick das nächste Problem – das Gehäuse sieht alt aus und soll auch so bleiben und die Lünette ist neu. So kann ich die Lünette unmöglich montieren und ich muss mir was einfallen lassen um die Lünette und auch die Krone künstlich altern zu lassen.

Die erste Idee war die Lünette mit Steinen in der Trowalisiertrommel mal so richtig scheuern zu lassen. Dieses Gerät auf dem 3. Bild dreht die schwarze Trommel und ich habe gehofft, dass die Steine die Lünette „abschlagen“. Bei den Ursprünglichen Stahl-Testobjekten hat sich aber leider nichts getan und deswegen habe ich gleich die Lünette 2 Stunden lang in der „Waschmaschine“ rumpeln lassen. Leider ohne Erfolg – des Rätsels Lösung – die Steine sind weicher als die Lünette und deswegen haben nicht die Steine die Lünette angegriffen, sondern umgekehrt…

…ok, der zweite Versuch wird etwas brachialer und die Lünette muss jetzt mit zahlreichen Metallteilen und Schrauben in den Ring steigen…

…die Trommel dreht wieder ein paar Stunden…

…ok, das wird nichts. Die Lünette und das Plexiglas, welches ich zur Sicherung des Glasfalzes eingesetzt habe, zeigen zwar tausende kleine „Pecker“ aber die Lünette sieht immer noch neu und sandgestrahlt aus. Nein, das Ergebnis ist leider inakzeptabel und ich muss mir was anderes einfallen lassen.

An sich bin ich ja ein Gentleman, aber jetzt musste ich zu etwas härteren Methoden greifen. 😉
Zuerst habe ich die Lünette mit der Feile malträtiert, dann mit Öl bestrichen und dann mal so richtig mit dem Gasbrenner abgefackelt. Jawohl – das war der richtige Weg und die Lünette sieht schon sehr viel besser aus. Es ist zwar noch immer ein deutlicher Unterschied zwischen Gehäuse und Lünette erkennbar, aber das sieht schon sehr viel besser aus. Zufrieden bin ich aber noch nicht…

…und deswegen bestreiche ich das Gehäuse und die Lünette mit verdünnter Schwefelsäure. Jetzt sieht das Gehäuse so aus wie ich mir das vorstelle. Weiter geht mit dem Uhrwerk…

Wie schon oben erwähnt gibt es für mich beim Uhrwerk im Bereich des technisch machbaren keine Kompromisse und deswegen werden auch alle Stahlteile und Schrauben restauriert. Lager ersetzt und Zapfen rolliert und auch alle Räder geschliffen bzw. sandgestrahlt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und das Uhrwerk ist ist nicht nur optisch schön…

..sonder läuft auch wieder wunderbar. Weiter geht mit dem Zifferblatt und den Zeigern….

Da bei der Uhr das originale Zifferblatt in der Vergangenheit stümperhaft nachgemalt wurde bzw auch die Zeiger mit einem Lackstift(!) „verschönert“ wurde, haben wir auch das Zifferblatt und die Zeiger restauriert. Das Zifferblatt ist ist perfekt geworden und es sieht nicht neu aus bzw so als wenn es tatsächlich in Würde gealtert wäre. Und bei den Zeiger verhält es sich ähnlich – sie sind zwar geschliffen und poliert, aber eben nicht so dass sie neu aussehen und die an das Zifferblatt angepasste Leuchtmasse unterstreicht diesen Eindruck.

De Arbeiten an diesem traumhaft schönen Hanhart Ein-Drücker Chronographen sind abgeschlossen und ich glaube das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Uhr ist technisch wieder in einem nahezu perfekten Zustand und optisch sieht sie nach wie vor wie eine 75 Jahre alte Uhr aus.

An dieser Stelle möchte ich mich natürlich wieder beim Besitzer der Uhr bedanken, dass er es mir erlaubt hat die Uhr nach allen Regeln der Uhrmacherkunst zu restaurieren. Für mich war es eine fordernde und sehr spannende Arbeit bei der ich sehr viel gelernt habe.
Wenn Ihnen dieser Werkstattbericht gefallen hat, dann würde ich mich über einen kleine Beitrag freuen, damit ich weiß, dass sich die Mühe gelohnt hat und er Bericht auch gelesen wurde 😉

Ihr
Uhrmachermeister
Hans Mikl

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