Eterna-Matic 1951

EternaIch bin in Besitz einer großer Anzahl von alten Fachmagazinen für Uhrmacher und da ich Ihnen diese „Schätze“ nicht vorenthalten möchte, werde ich von Zeit zu Zeit interessante Artikel veröffentlichen. 

ETERNA-MATIC
Fachzeitung der Uhrmacher, Juweliere Gold- und Silberschmiede Österreichs
Ausgabe Nr. 7 Juli 1951

Die Gleichrichtung der Aufzugsbewegung
Die Schwingmasse resp. der am Kugellager außen angebrachte Zahnkranz liefert eine rotierende, aber beliebig abwechselnd in der einen oder anderen Drehrichtung wirkende Bewegung. Jede der beiden Drehrichtungen bewirkt aber im Aufzugräderwerk eine einheitliche Winkelbewegung im Sinne des Aufzuges.
Diese Aufgabe der „Gleichrichtung“ besorgt zwangsläufig, sicher und praktisch verlustlos das nachfolgend beschriebene erste Aufzugrad oder Klinkenrad zusammen mit den in ihm eingebauten, federlosen Klinken und mit Hilfe des kleinen Umkehrrades.
Der oben erwähnte, mit der Schwingmasse fest verbundene Zahnkranz (1) ist (vgI. Abb.4) ständig im Eingriff mit dem „direkten“ Klinkenrad (11) und mit dem Umkehrrad (12) . Dieses letztere (vg l. Abb.5) besteht aus zwei gleichartig verzahnten, auf der gleichen Achse fest miteinander verbundenen Rädern. Die untere Zahnung hat Eingriff mit dem „indirekten“ Klinkenrad (13), welches auf der gleichen Achse sitzt wie das „direkte“, aber um so viel größer ist als dieses, dass das Umkehrrad am oberen, direkten Rad mit etwas Zwischenraum frei vorbeidreht. Beide Klinkenräder sind frei drehbar und auf die hohle Welle des ersten Aufzugtriebes (14) gepasst. Zwischen den beiden Klinkenrädern befindet sich die kreisförmige, mit der Hohlwelle fest verbundene Mitnehmerscheibe (15). Beide KIinkenräder sind auf der inneren, der Mitnehmerscheibe zugekehrten Seite ringförmig ausgedreht (vergleiche auch Abbildung 6). Neun konzentrisch angeordnete, im oberen Rad unvollständig

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kreisförmige Durchbrechungen haben ihre äußere Begrenzung etwas außerhalb der äußeren Wand der Ausdrehung, so dass in jedem Rad neun trapezförmige Zacken (16) entstehen, welche je eine Innenzahnung darstellen.
Mit dieser Zahnung zusammen arbeitet in jedem der beiden Räder ein System von zwei Sperrklinken. (17 und 18) im direkten Rad, (19 und 20) im indirekten Rad.

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Alle vier Klinken drehen sich auf je einem Zapfen, welcher sich in je einem Loch der Mitnehmerscheibe (15) leicht drehen kann. Dreht sich z. B. das obere Rad im Uhrzeigersinn, so weichen die Klinken den trapezförmigen Zähnen aus, wobei jeweils die eine, ausweichende Klinke die andere wieder in den Bereich der Zahnung bringt.

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Eine Drehung des Rades im entgegengesetzten Sinn wird nach einer kurzen Winkelbewegung durch die eine oder andere Klinkenspitze, welche sich nun an einen Zahn anlegt, ohne auszuweichen, gesperrt, d. h. die Mitnehmerscheibe dreht sich jetzt mit dem Rad. Nach dem vorher bemerkten haben die beiden Klinkenräder, während die Schwingmasse sich bewegt, stets entgegengesetzten Drehsinn, da das obere Rad direkt und das untere über das Umkehrrad dauernd mit dem Zahnkranz der Schwingmasse im Eingriff steht.
Da die beiden Klinkensysteme im gleichen Drehsinn arbeiten, wird bei jeder Bewegung der Schwingmasse die Mitnehmerscheibe, und damit das Aufzugräderwerk, durch das eine System vorwärts gedreht, während gleichzeitig das andere System mit der doppelten Relativgeschwindigkeit leer läuft. – Ändert sich der Drehsinn der Schwingmasse, so besorgt das zweite Klinkensystem die Vorwärtsdrehung der Mitnehmerscheibe, während das erste leer läuft usw.

Die Vorteile dies es neuartigen Klinkensystems liegen im geringen Platzbedarf und was noch wichtiger ist, in den verschwindend geringen Betriebsverlusten .
Vielleicht könnte der eine oder andere Leser, der in der theoretischen Mechanik „durch“ ist, den Einwand erheben, da es sich um zwangsläufig bewegte Klinken handle, müsse deren Rotationsbeschleunigung und -verzögerung sich als Verlustfaktor bemerkbar machen, besonders bei hohen Geschwindigkeiten, weil die Verluste mit dem Quadrat der Geschwindigkeit ansteigen. Der Einwand ist richtig, aber da die Hebelarme der Klinken nur etwa 1 mm lang sind und die Anzahl der Klinkenbewegungen (50 bis höchstens etwa Über 100 in der Sekunde) dementsprechend eher mäßig, bleiben die Verluste durch Beschleunigung unterhalb der Grenze der Messbarkeit. Etwas größer sind die Verluste durch Reibung, aber diese übersteigen nie einige Prozente der zugeführten Energie.
Vorübergehend können größere Verluste auftreten, wenn bei allgemeiner Verschmutzung des Uhrwerkes Fremdkörper in den Drehbereich der Klinken geraten. Ist aber einmal der Fremdkörper weggeschoben oder zerrieben, was ja zwangsläufig geschieht, so funktioniert die Einrichtung wieder normal.
Vergleichsweise werden in Klinkensystemen mit Rückführungsfedern 15% bis etwa 40% der zugeführten Energie durch Widerstände „vernichtet“ und beim Eindringen von Fremdkörpern kommen solche Einrichtungen häufig dauernd außer Funktion .

Legende zu den Abbildungen

1. Äußerer Lagerring des Kugellagers
2. Kugel
3. Automatbrücke
4. Innere Lagerschale, Oberteil
5. Innere Lagerschale, Unterteil
6. Zentrieransatz der Automatbrücke
7. Lagerschraube
8. Käfig
9. Schwingmasse
10. Zylindrischer Ansatz der Lagerschraube
11. Oberes (direktes) Klinkenrad
12. Umkehrrad
13. Unteres (indirektes) Klinkenrad
14. Erstes Aufzugtrieb
15. Mitnehmerscheibe
16. Trapezförmige Zacken (Innenzahnung) der Klinkenräder
17. und 18. Sperrklinken im oberen Klinkenrad
19. und 20. Sperrklinken im unteren Klinkenrad
21. Sekundenrad
22. Zweites Aufzugrad
23. Drittes Aufzugrad
24. Sperrad
25. Kronrad (dieses Rad trug in früheren Konstruktionen eine Kronzahnung daher der Name)
26. Wippe
27. Sicherheitsgesperr , bestehend aus Sperrkegel und Feder
28. Hilfsbrücke des Automaträderwerkes
29. Federhausbrücke
Das Aufzugsräderwerk

Die am Trieb des ersten Aufzugrades oder Klinkenrades verfügbare Aufzugenergie wird nach zwei weiteren Übersetzungsstufen auf das Sperrad übertragen. [Abb.7 zeigt schematisch die Übersetzungen vom Trieb (14) des Klinkenrades über die zwei weiteren Aufzugräder (22 und 23) zum Sperrad (24)]

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Dieses Aufzugräderwerk mag kompliziert erscheinen, besonders im Vergleich mit den überaus einfachen Aufzügen der früheren Eterna-Automaten. Diese Anzahl der Räder im Eterna-Matic-Aufzug ist durch verschiedene Faktoren bedingt, welche sich bei genauerer Prüfung als Vorteile erweisen.
So ist zwischen Schwingmasse und Klinkenrad gar keine Übersetzung, aber diese „Komplikation“ erlaubt erstens die Gleichrichtung der entgegengesetzt gerichteten Bewegungen der Schwingmasse und zweitens trotz der groben Klinkenzahnteilung eine feine Erfassung der Schwingmassenbewegungen. Zudem gestattet die rotierende Schwingmasse ebenfalls nur rotierende Übertragungsorgane.
In diesem Zusammenhang darf betont werden, dass im Automat-Aufzug der Eterna-Matic alles vorgekehrt worden ist , um die Lebensdauer aller Teile so weit zu verlängern, dass auch bei übermäßiger Beanspruchung keine vorzeitige Abnutzung zu befürchten ist. Die stählernen Zahnungen sind hochglanzpolitiert. Alle reibenden Stellen, auch die Lager, sind durch Benützung von jahrelang erprobten Speziallegierungen vor Abnutzung und, auch bei allfälligem Ölmangel, vor dem sonst gefürchteten „Anfressen“ geschützt. Die Profile der Aufzugszahnungen sind, zwecks gleichmäßiger und verlustarmer Energieübertragung. von den bisher üblichen Zahnformen abweichend, nach neueren, patentrechtlich geschützten Erkenntnissen speziell geformt.

Die Ausschaltung des Handaufzuges

Um zusätzliche Verluste zu vermeiden, werden in der Eterna-Matic während des automatischen Aufziehens alle Organe des Handaufzuges ausgeschaltet. Die Einrichtung dazu ist ebenso zweckmäßig wie einfach: Das „Kronrad“ (vgl. Abb.8, Ziffer 25) ist, statt wie gewöhnlich fest unter einer Wippe (26) etwas beweglich gelagert. Während des Handaufzuges wird durch den Gegendruck des Sperrades das Kronrad im Eingriff mit dem Sperrad gehalten.
Die angreifenden Kräfte und ihre resultierenden sind durch voll ausgezogene Pfeile angedeutet. Während des automatischen Aufziehens wird aber das Kronrad durch den jetzt entgegengesetzt wirkenden Druck der Sperradzahnung (gestrichelter Pfeil) außer Eingriff gedrängt. Um ein jederzeitiges Wiedereinsetzen des Handaufzuges zu ermöglichen, ist das ohnehin nötige Sicherheitsgesperr (27) auf die dem Sperrad abgewandte Seite des Kronrades verlegt worden.

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Die Gangreserve der Eterna-Matic

Die beim automatischen Aufziehen erreichten Resultate entsprechen allen Anforderung en, die an eine automatische Uhr gestellt werden können.
Praktische Versuche haben erwiesen, dass diese Uhr auch bei wenig lebhafter Betätigung der Besitzerin im Laufe des Tages sicher voll aufgezogen wird. Das Geheimnis dieses günstigen Verhaltens liegt in der im Verhältnis zum Aufzugwiderstand schweren Schwingmasse, welche befähigt ist, ohne jede Schleuderbewegung, nur durch ihr statisches Drehmoment, die Triebfeder ganz zu spannen.
Die Gangzeit der Eterna-Matic beträgt gut 40 Stunden, und diese Gangreserve wird auch beim automatischen Aufziehen ohne weiteres erreicht. Die vierzigstündige Gangreserve ermöglicht es, die Eterna-Matic z. B. am Samstagabend abzulegen .und am Montagmorgen, noch gehend, wieder in Gebrauch zu nehmen.
Die in der Eterna-Matic angewendeten Neuerungen sind durch verschiedene eigene Patente im In- und Ausland geschützt.

 

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